Börse am Vortag: Keine Änderung bei den fundamentalen Daten

S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 28.04.2011


Regen in den USA und der EU brachten diesseits und jenseits des Atlantiks die Börsenkurse bei Agrarrohstoffen unter Druck. Die Investoren machten erst einmal Kasse. Doch an den Kassamärkten bleibt das Angebot sehr knapp und die Preise stabil. Gute Qualitäten erzielen bei akutem Bedarf weiterhin deutliche Aufgelder.

 

Devisen & Konjunktur
Die Geldpolitik der USA und der EU läuft immer weiter auseinander. Während die Europäische Zentralbank (EZB) mit einem - wenn auch sehr kleinen - Zinsschritt begonnen hat, die Geldpolitik zu straffen, hält die die US-amerikanische Zentralbank Federal Reserve (FED) an expansiver Geldpolitik fest. Gestern gab der FED-Chef, Ben Bernanke, bekannt, die FED werde den Leitzins trotz der steigenden Inflation in den USA vorerst auf niedrigem Niveau halten.

Bereits seit Wochen wurde am Devisenmarkt damit gerechnet, daß die FED ihre Politik des billigen Geldes beibehalten wird. Die Konjunkturdaten aus den USA bleiben weiterhin schwach, der US-Arbeitsmarkt kommt nicht wie erhofft in Schwung und die Schuldenproblematik der USA droht zu eskalieren.

Der Kurs des US-Dollar gerät angesichts der Probleme in den USA immer stärker ins Rutschen, während der Euro-Kurs immer weiter in die Höhe klettert.

Gestern wurde der Euro-Referenzkurs von der Europäischen Zentralbank (EZB) mit 1,4668 US-Dollar erneut höher als am Vortag festgesetzt. Nach der gestrigen FEDE-Entscheidung tendiert der Kurs der europäischen Gemeinschaftswährung heute im frühen Handel im Vergleich zum US-Dollar bereits oberhalb der Marke von 1,48 US-Dollar.

 

Energie
Für die nach wie vor höchst komfortable Versorgungslage an den Rohölmärkten scheint sich derzeit niemand zu interessieren. Das spekulativ getriebene Geschäft an den internationalen Börsen sorgt statt dessen weiter für steigende Preise.

Seit Wochen treibt auch der schwache US-Dollar die Ölpreise weiter in die Höhe. Der Ölpreis reagiert auf schwachen Wirtschaftsdaten in den USA, da sich Rohöl als sogenannte "Dollar-Ersatzwährung" gegenläufig zum Kurs des US-Dollars entwickelt.

Zum gestrigen Handelsschluß wurde ein Barrel (1 Faß = 159 Liter) der US-amerikanischen Referenzsorte West Texas Intermediate (WTI) zur Auslieferung im Juni gestern mit 112,76 Dollar auf deutlich höherem Niveau notiert. Nordsee-Rohöl der Sorte Brent wurde mit 124,60 Dollar festgesetzt.

 

Agrarrohstoffe
Niederschläge in den USA und in Europa ließen gestern die Kurse an den Börsen abrutschen. An den Börsen standen angesichts fehlender Hausse-trächtiger Meldungen zunächst einmal Gewinnmitnahmen im Vordergrund.

An den Börsen diesseits und jenseits des Atlantiks standen die Börsen im Minus. An der Börse in Paris gab der Weizen-Fronttermin um stattliche -7,75 Euro/t nach. Der Mai-Termin bei Paris-Weizen notierte gestern mit 245,75 Euro/t deutlich unter dem Vorwochenniveau. Auch spätere Termine standen zwischen -7,75 und -12,75 Euro im Minus.
An den US-amerikanischen Warenterminmärkten erzielten die Back- wie auch Futterqualitäten Kursverluste. Hier standen die Niederschläge in einzelnen Regionen der US-Weizenanbaugebiete im Vordergrund, während die schlechte Entwicklung der US-Weizenbestände keine Beachtung mehr fand.

An den US-Märkten gerieten auch die Notierungen bei Mais unter Druck, während der Kursrückgang bei Weizen und die höheren Anbauerwartungen in der EU den Markt schwächten. Der Juni-Termin bei Paris-Mais gab mit 234,75 Euro/t beziehungsweise mit --6,25 Euro deutlich nach. Spätere Termine notierten zwischen -3,00 und -6,25 Euro/t. Chicago-Mais büßte die Kursgewinne der letzten Tage ein und notierte mit umgerechnet 201,89 Euro/t knapp unter dem Vorwochenniveau.

Der Soja-Komplex stand angesichts der negativen Vorgaben vom Getreidemarkt unter Preisdruck. Nicht nur die Sojabohnen-Preise an den transatlantischen Börsen schieben rote Zahlen, auch Sojaöl und Sojaschrot geriet stärker unter Druck geraten.

Bei Rapssaat blieben die Verluste angesichts der steigenden Ölpreise und der defizitären Versorgungslage vergleichsweise begrenzt. Dennoch machten die Investoren auch hier erst einmal Kasse. Paris-Raps notierte am Handelsschluß mit 467,25 Euro/t für den Mai-Termin und verlor -2,75 Euro/t zum Vortag. Der Ernte-Termin August 2011 schloß mit 442,25 Euro/t und damit einem Minus von -3,75 Euro/t zum Vortag bzw. -3,38 Euro/t unter dem Vorwochenniveau..

Bei Paris-Braugerste erzielte die Schlußnotierung für die Mai-Fälligkeit mit 250,00 Euro/t im Vergleich zum Vortag einen Kursverlust von -4,00  Euro. Spätere Termine notierten zwischen -4,00 und -9,00 Euro.

 

Ausblick
Die Agrarrohstoffmärkte stehen derzeit ganz im Zeichen des schwachen US-Dollars, der aufstrebenden Aktienkurse und der Konjunkturängste. Die USA halten vorerst an ihrer lockeren Geldpolitik fest liefern damit die Basis für die Stärke der EU-Gemeinschaftswährung. Inzwischen nimmt der Euro Anlauf auf die 1,50 US-Dollar-Marke.

Mit der Stärkung des Euro geht die Schwächung der europäischen Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Exportgeschäft einher. Bereits in den letzten Wochen war erkennbar, daß der hohe Euro-Kurs den EU-Getreideexport belastet. Preisdruck kommt am Kassamarkt dennoch nicht auf, da die Nachfrage des Handels und der Verarbeiter EU-weit nur knapp gedeckt werden kann. Bei akutem Bedarf werden für gute Qualitäten deutliche Aufgelder gewährt, um schnell Ware aus den Lägern zu locken.

Letztendlich bleibt auch festzustellen, daß sich an den fundamentalen Daten zur Ernte 2011 auch durch die Niederschläge in den USA und der EU nur wenig geändert hat. In China ist es zu heiß und zu trocken, in Rußland rechnet man mit einer Verzögerung der Frühjahrsaussaat von rund 2 Wochen und in Kanada dürfte sich die Aussaat noch weiter verzögern.

Für den heutigen Handelstag erwarte ich persönlich, daß Agrarrohstoffe an den Börsen ihre Verluste teilweise wieder ausgleichen können. Ich gehe davon aus, daß sich die Überzeugung durchsetzen wird, daß es zwar regional geregnet hat, daß die Niederschlagsmengen jedoch nicht ausgereicht haben, um das Feuchtedefizit auszugleichen. Hinzu kommt, daß sich in anderen wichtigen Anbauregionen die Witterung nicht fundamental verbessert hat.

Der Euro dürfte im Vergleich zum Dollar heute weiter kräftig nach oben tendieren. Bei den Rohölpreisen erwarte ich für die nächste Zeit, daß die Kurse weiter anziehen.

 
 
 


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