An den Rohölmärkten fahren die Preise Achterbahn. Noch im November lagen die Kurse oberhalb der 80 Dollar-Marke. Anfang dieser Woche brachen die Kurse auf unter 70 Dollar je Barrel ein. Jetzt ziehen die Preise erneut an.
Marktlage
Der überraschend deutliche Rückgang der Rohöllagerbestände in den USA sorgt am Rohölmarkt seit Mitte der Woche erneut für Preisauftrieb. Laut der am 16.12.2009 vom US-Energieministeriums veröffentlichten Daten wurden die US-Lagerbestände für Rohöl und Destillate um 5,8 Mio.Barrel abgebaut (1 Barrel = 1 Faß = 159 L). Am Markt reagierte man freudig überrascht auf den deutlichen Bestandsrückgang. Im internationalen Handel ging es daraufhin bei den Rohölpreisen wieder aufwärts.
Erstaunlich: Auf wenig Interesse stieß offenbar die Tatsache, daß die US-Lagerbestände weiterhin auf Rekordniveau liegen. Zudem signalisieren die schwachen US-Rohölimporte wie auch die relativ niedrige Raffinerieauslastung eine in den USA noch immer schwache Nachfrage.
Mehr Beachtung fand offenbar die Mitteilung der US-amerikanischen Notenbank, trotz vermehrter Anzeichen einer Konjunkturerholung in den USA ihre Nullzinspolitik fortzuführen. Hier scheint man wohl zwischen den Zeilen zu lesen: Denn eine Konjunkturerholung wird mit einem wieder steigenden Bedarf an Energie und damit auch einer wachsenden Nachfrage nach Rohöl gleichgesetzt. Quasi logisch deutet daher für viele Marktbeteiligte die Preiskurve nach oben.
Der Preis der US-Referenzsorte West Texas Intermediate (WTI) liegt inzwischen wieder über 74 Dollar je Barrel. Nordsee-Rohöl der Sorte Brent notiert knapp darunter.
Auch der Preis für Rohöl der Organisation Erdöl exportierender Länder (OPEC) ist in den letzten Tagen kräftig gestiegen. Nach Berechnungen des OPEC-Sekretariats kostete ein Barrel am Mittwoch im Durchschnitt 72,17 Dollar, verlor dann am Donnerstag leicht auf 71,77 Dollar. Die OPEC berechnet ihren Korbpreis täglich auf Basis von zwölf wichtigen Sorten des Kartells.
Fakten
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Öl-Nachfrage 2010: IEA erhöht Prognose
Die Internationale Energieagentur (IEA) hat ihre Prognose für die Ölnachfrage im kommenden Jahr leicht erhöht. Für 2010 erwartet sie eine weltweite Nachfrage von 86,3 Mio. Barrel am Tag. Dies entspräche einem Zuwachs von 1,7 % gegenüber der für dieses Jahr erwarteten Nachfrage.
Auch in ihrem mittelfristigen Ausblick hat die IEA die Prognosen leicht erhöht: Jetzt erwartet sie für den Zeitraum 2009 bis 2014 eine durchschnittliche Zunahme der jährlichen Nachfrage nach Mineralölerzeugnissen um 1,4 %. Dies würde einer Nachfrage von 90,9 Mio. Barrel am Tag im Jahre 2014 entsprechen. Vor allem für die Schwellenländern wie China, Indien und Brasilien wird eine wachsende Nachfrage erwartet.
Hausse-Signal
Prognose
Zweifel am dem derzeit veröffentlichen Konjunktur-Optimismus der US-Amerikaner scheinen mir persönlich nach wie vor höchst angebracht zu sein. Die Arbeitslosenquote in den USA liegt bei 10 % und viele Amerikaner haben ihre Ersparnisse aufgezehrt. Das Vorhaben der US-Regierung, Teile des Finanzmarktrettungsfonds in Konjunkturmaßnahmen umzuleiten, spricht für sich.
Fakt ist, daß am Rohölmarkt nach wie vor Überproduktion herrscht. Die fundamentalen Daten für den Ölmarkt sind nach wie vor schwach und sprechen für eine ausgedehnte Baisse-Phase. Dennoch setzen die Spekulanten an den Energiebörsen auf Hausse, so daß ihre Investments die Preise steigen lassen. Den Finanzjongleuren an den Kapitalmärkten kommt daher vorerst eine besondere Bedeutung bei der Preisentwicklung - auch für Diesel und Heizöl - zu.
Die Marktbeteiligten am Realmarkt schauen frustriert zu, wie die Preise ungeachtet der Angebot-Nachfrage-Situation ihre Richtung nach den Vorgaben des Börsen-Monopolys ausrichten. Unsicherheit beherrscht daher das Geschäft.
Nach meiner persönlichen Einschätzung ist eine deutlichere Korrekturbewegung in den nächsten Wochen durchaus denkbar, falls die Investoren ihre Anlagestrategie ändern sollten. Wie stark eine solche Korrekturbewegung ausfallen könnte, hängt letztendlich auch davon ab, inwieweit sich die Prognosen einer Konjunkturerholung bestätigen.