Ernte 2009: Was signalisieren die Ernteschätzungen?

S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 25.06.2009


Die Getreideernte auf der Nordhalbkugel hat bereits vor Wochen begonnen. Noch nicht in Deutschland, - aber bereits in Ungarn und Spanien, im Süden der USA oder auf der Halbinsel Krim. Ab sofrot dreht sich damit alles um die neue Ernte. Mit welchen Marktaussichten kann man rechnen?

Marktlage
Seit Mitte Mai haben eine lebhaftere weltweite Importnachfrage, die Rückkehr der Investoren an die Rohstoffmärkte und steigende Kurse am Rohölmarkt auch die Agrarrohstoffpreise wieder ins Plus drehen.

Doch seit zwei Wochen ist die neue Ernte in den Fokus bei der Preisbildung graten. Der erste aufkommende Angebotsdruck - vor allem durch den flotten Erntestart in den USA - hat nicht nur die amerikanische Preise, sondern auch die Weltmarktpreise gedrückt.

Zudem belasten noch vorhandenen Lagerbestände aus der Rekordernte 2008, der Kursrückgang am Rohölmarkt und negative Konjunkturdaten haben dem Preisauftrieb erneut einen Dämpfer verpasst.

Seit der Veröffentlichung des Ernteschätzung des amerikanischen Landwirtschaftsministeriums am 10.06.2009 hat sich der Kursrückgang an den Getreidemaärkten beschleunigt. Inzwischen gerät auch die bisherige "Preisstütze" am Getreidemarkt - Körnermais - in den Abwärtssog, obwohl weltweit mit einem Produktionsdefizit gerechnet wird.

 

Fakten

  • Welt-Getreideernte 2009/10: Zweitgrößte Ernte aller Zeiten
    Welt: Die weltweite Getreideernte wird 2009/10 zwar kleiner als die Rekordernte 2008/09 ausfallen. Dennoch dürfte weltweit die zweitgrößte Getreideernte aller Zeiten eingebracht werden - sofern sich die Wachstums- und Erntebedingungen weiterhin günstig entwickeln.

    EU: In der EU dürfte die Getreideernte unter dem Vorjahresergebnis bleiben. Für die EU wegen Trockenheit insbesondere in Spanien, Ungarn und Rumänien mit einer rund 14 Mio.t bzw. um 9-10 % kleineren Ernte als im Vorjahr gerechnet. Der Importbedarf dieser Länder wird daher steigen. Allein für Spanien wird mit einem Einfuhrbedarf von 14 - 15 Mio.t Getreide allein für die Futtermittelproduktion gerechnet. Zudem profitieren die Futtergetreidepreise von den inzwischen deutlich niedriger eingeschätzen Lagerbeständen.

    Deutschland: Trotz der Niederschläge der letzten Tage ist für Deutschland mit einer unter dem Vorjahr liegenden Ernte zu rechnen. Regionale Trockenschäden sind in Gebieten in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen oder im Osten Deutschlands aufgetreten. In vielen anderen Gebieten lassen die noch nicht erntereifen Bestände auf gute Ernteergebnisse hoffen.

    Osteuropa: Aber nicht nur in der EU sondern auch in der Schwarzmeerregion werden die Ernten 2009 niedriger geschätzt. So werden in Russland mit 80-90 Mio.t rund 23 Mio.t weniger als im Vorjahr erwartet. Anfang Juni hat das ukrainische Agrarministerium seine Ernteerwartungen nach unten revidiert und erwartet inzwischen eine um 10 % kleinere Getreide-Ernte als im Vorjahr (53,3 Mio.t). Andere Schätzungen gehen sogar von einer fast 26 % kleineren Getreideernte aus. Kasachstan soll mit 15,6 Mio.t dagegen rund 15-20 % mehr als im Vorjahr ernten. Als maßgebliche Gründe für diese Entwicklung werden ein niedrigerer Einsatz von Düngemittel sowie verringerte Anbauflächen insbesondere bei den Sommerungen genannt. Damit dürften sich die Exporte in der kommenden Saison aus dieser Region deutlich rückläufig entwickeln.

    Marktstabilisierung

 

  • Lagerbestände: Wachsender Verbrauch bremst Aufbau der Bestände
    Höhere Lagerbestände aus der letzten Ernte werden das verfügbare Angebot in den kommenden Monaten auf einem historischen Höchstpunkt belassen.

    Den Lagerständen stehen jedoch einen niedrigere Produktion und ein steigender Verbrauch gegenüber. In seiner Vorschätzung vom 10.06.2009 prognostiziert das amerikanische Landwirtschaftsministerium beispielsweise für Weizen einen Produktionsrückgang von 3,7 %. Zugleich wird ein Anstieg des Verbrauchs um 1,1 % im Verleich zum Vorjahr erwartet.

    Nachdem die Rekordernte 2008/09 zu einem kräftig Aufbau der Lagerbestände geführt hat, fällt der Bestandsaufbau 2009/10 deutlich schwächer aus, da der internationale Bedarf weiter steigt. Das bedeutet Marktentlastung.

    Zudem sollten die derzeitigen Lagerbestände nicht überbewertet werden: Betrachtet man die Entwicklung der Lagerbestände bezogen auf die rasant wachsende Weltbevölkerung, so lagen Ende der 90er Jahre z.B. noch rund 35 kg Weizen je Kopf in den Lägern. Am Ende dieser Saison sind es – trotz der Rekordernte – lediglich 25 kg, soviel wie zuletzt in den 70er Jahren.

    Abgeschwächter des Angebotsdruck

Prognose
Die wechselhafte Witterung nährt Spekulationen über die Produktionsmenge und die Qualitäten der kommenden Ernte. Während Regen hierzulande die Wachstumsbedingungen der Feldbestände verbessert hat, hält Trockenheit weiterhin Teile Südeuropas im Griff. Die Ertragsausfälle im Süden der EU sind mittlerweile weitgehend „eingepreist“.

Preistreibend wirkt, dass die Lagerbestände schneller abgebaut werden, als dies bisher erwartet wurde. Die flotte Nachfrage der Importstaaten sorgt bei den „Big Five“ unter den Exporteuren – Argentinien, Australien, die EU, Kanada und die USA – trotz der Ernteerwartungen für einen kräftigen Abbau der Lagervorräte. Viele Importländer haben das Preistal im Winter genutzt, um die leeren Lagersilos wieder mit Geteide zu füllen.

Die Entwicklung der Lagerbestandszahlen spielt für die weitere Preisentwicklung eine zentrale Rolle. Denn das Exportvolumen der fünf Hauptexporteure soll 2009/10 gegenüber dem Vorjahr um fast 10 Mio.t schrumpfen.

Die fundamentalen Daten stärken nach meiner persönlichehn Einschätzung eine auch künftig feste Preisentwicklung.
• Die allmählich wieder in die Höhe kletternden Energiepreise,
• der den Importbedarf fördernde schwache US-Dollar und
• der allmächlich wieder Fahrt aufnehmende internationale Handel
sind aus meiner Sicht als preisstabilisierende Faktoren zu werten. Für den Vermarktungszeitraum nach Abschluß der Ernte sehe ich - sorfern keine neuen wirtschaftlichen Einbrüche den Markt stören - einen Preisspielraum nach oben.

 
 
 
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