Ende September hieß es an dieser Stelle: "Die
Vermarktungssaison 2006/07 verspricht spannend zu werden!". Und es ist spannend
geworden. Denn jetzt geben Weizenpreise richtig Gas.
Marktlage
Die
Weizenpreise am internationalen, europäischen und deutschen Markt schnellen
derzeit regelrecht in die Höhe. Lagen die Preise für Brotweizen in Deutschland
während der Ernte noch bei 104 Euro/t, so zogen die Kurse inzwischen
um rund 21 % auf 126 Euro/t an. Produzenten, die noch über freie
Ware verfügen, warten mit ihren Verkäufen in der Hoffnung auf weitere
Preissteigerungen noch ab. Auf Handels- wie auf Verarbeiterebene wird die Marktentwicklung
mit einer gewissen Fassungslosigkeit verfolgt.
Und
das sind die Hausse-Faktoren: |
| kleinere Weizenernte in der EU als im
Vorjahr (2006/07: 109 Mio.t, Vj: 115 Mio.t) |
| rückläufige Erwartungen für
die globale Weizenproduktion (2006/07: 588 Mio.t, Vj: 618 Mio.t) |
| wachsendes globales Produktionsdefizit (2006/07: 19 Mio.t,
Vj: 3 Mio.t) |
| Befürchtung
eines Produktionseinbruch von möglicherweise 75 % in einigen südlichen Anbauregionen
Australiens aufgrund der schlimmsten Dürre seit 1982 (2006/007: 16,4 Mio.t
[Prognose vom 19.09.2006], Vj: 25 Mio.t) |
| anhaltendes Niederschlagsdefizit in
Argentinien (div. Prognosen 2006/07: 11,6 - 13,25 Mio.t, Vj: 12,5 Mio.t)
|
| Trockenheit
in mehreren Regionen Südostasiens |
In Deutschland
beobachten die Marktbeteiligten die weitere Preisentwicklung. Zwar fällt
das Angebot am Weizenmarkt inzwischen wieder etwas umfangreicher aus. Dennoch
übersteigt die Nachfrage das Angebot, so daß die Kurse weiter anziehen.
Die Kursentwicklung an den Kassamärkten
und den Warenterminmärkten verläuft zwischenzeitlich wieder parallel.
Da die Verkäufer die Ware in der Hoffnung auf weitere Preisanhebungen zurückhalten,
führt das knappe Angebot zu zusätzlichen Preissteigerungen. Zudem stützt
die Erwartung guter Exportchancen für EU-Weizen am Weltmarkt die Preisentwicklung.
Nachdem
die Kurse an der Warenterminbörse KCBT
seit Anfang September wieder anzogen, folgen die Kurse an den europäischen
Börsen Warenterminbörse RMX
in Hannover und an der Warenterminbörse Matif
in Paris der internationalen Hausse-Stimmung.
Die
Großhandelspreise in Deutschland reagierten aufgrund des knappen Angebotes
und der steigenden internationalen Preise mit höheren Kursen. So wurde Brotweizen
an der Produktenbörse Mannheim
mit 138-140 Euro/t rund 34 Euro höher bewertet als im Vorjahr.
An der Produktenbörse Frankfurt
notierte Brotweizen zuletzt mit 140-143 Euro/t rund 34 %, Qualitätsweizen
mit 143-145 Euro/t rund 26 % über dem Vorjahresniveau. Auch an
den anderen Produktenbörsen ziehen
die Weizenpreise weiter an.
An den Kassamärkten
folgten die Erzeugerpreise seit dem Erntestart den starken Hausse-Impulsen, wie
zum Beispiel die Erlöse der Mitglieder des Realpreissystems CASH!
zeigen.
Fakten
Welt: Produktionsdefizit
Der Internationale Getreiderat (IGC) hat am 28.09.2006 seine Prognose
des internationalen Weizen-Verbrauchs 2006/07 nochmals um 5 Mio.t auf 588 Mio.t
zurückgenommen. Bei einem Verbrauch von jetzt nur noch 607 Mio.t würde
die Welt-Weizenproduktion den Bedarf ein weiteres Jahr verfehlen. Das rechnerische
Produktionsdefizit ist damit auf rund 19 Mio.t angestiegen.
Vor allem
geringere Ertragserwartungen auf der Südhalbkugel haben zu der kleineren
Produktionsprognose geführt. Die starke Trockenheit in Australien, das anhaltende
Niederschlagsdefizit in Argentinien und in Regionen Südostasiens lassen eine
geringere globale Weizenernte 2006/07 erwarten.
in
Mio. t | Produktion |
Verbrauch |
Endbestände |
Welt |
Welt |
Welt |
Haupt- exporteure |
2002/03 | 566 | 601 | 165 | 43 |
2003/04 | 556 | 595 | 125 | 41 |
2004/05 | 629 | 616 | 138 | 56 |
2005/06 | 618 | 621 | 135 | 56 |
2006/07 Prognose vom: |
24.05.2006 | 601 | 612 | 118 | 44 |
28.06.2006 | 605 | 613 | 121 | 45 |
26.07.2006 | 596 | 611 | 118 | 43 |
24.08.2006 | 593 | 611 | 117 | 38 |
28.09.2006 | 588 | 607 | 116 | 37 |
Hauptexporteure: Argentinien, Australien,
EU, Kanada, USA Quelle: IGC |
Die
erwarteten Endbestände reichen für einen Zeitraum von 2,3 Monaten
aus. Für die kommenden Jahre wird damit gerechnet, daß die Nachfrage
aufgrund der rasant wachsenden Weltbevölkerung schneller steigen wird als
die Produktion.
Hausse-Tendenz
Bioethanol
schafft zusätzlichen Bedarf
Weg vom Rohöl - Mehr Energie
aus nachwachsenen Rohstoffen: So lautet derzeit die Devise fast aller Staaten.
Auch für Weizen eröffnet sich damit z.B. über den Bioethanolsektor
ein neue Markt und damit eine zusätzliche Nachfrage. Zwar spielt die EU mit
einem Produktionsanteil von nur 6 % bisher weltweit nur eine untergeordnete
Rolle, doch derzeit werden die Produktionskapazitäten in der EU und in Deutschland
rasant ausgebaut. Für Deutschland wird in diesem Jahr eine Bioethanol-Produktion
in Höhe von 0,6 Mio. m³ (Vj.: 0,38) erwartet. Bis zum
Jahr 2010 wird mit einem Ausbau der Produktion auf 1,36 Mio. m³
gerechnet.
Hausse-Tendenz
Prognose
Seit
Monaten war absehbar, was jetzt immer mehr in's Bewußtsein der Marktbeteiligten
tritt: Weizen ist weltweit äußerst knapp verfügbar. Verstärkt
durch die erwarteten zusätzlichen Produktionsausfälle in den Trockengebieten
weltweit, ist zu befürchten, daß die Produktionsprognosen in der nächsten
Zeit noch weiter nach unten revidiert werden müssen.
Inzwischen
reagieren die Käufer weltweit auf das Versorgungsrisiko mit Preisanhebungen.
Nach meiner persönlichen Einschätzung dürften die Kurse in den
nächsten Wochen international weiter anziehen. Zu einer Entspannung könnte
es lediglich dann kommen, wenn in Australien oder Argentinien ergiebige Regenfälle
wieder zu einer - jedoch nur noch begrenzt möglichen - Verbesserung
der Wachstumsbedingungen führen.
Trotz der etwas kleineren
Ernte bleiben die EU und Deutschland auf Exporte angewiesen, um die eigenen Läger
zu räumen. Trotz derzeit auf Schmalspur laufender Ausfuhren ist für
den weiteren Saisonverlauf mit guten Exportaussichten zu rechnen.
Ich
bleibe bei meinen Aussagen vom 27.09.2006 und erwarte für den deutschen Markt
ab Mitte Oktober und im Januar Angebotsschübe, die kurzzeitig zu leichten
Preisrücknahmen führen könnten. Mit Blick auf die noch vor uns
liegenden Vermarktungsmonate gehe ich von weiterhin stiegenden Kursen an einem
Verkäufermarkt aus.
Es bleibt dabei:
Die Vermarktungssaison 2006/07 verspricht spannend zu bleiben!