Weizen: Preisdruck trotz Wetterrisiken


S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 29.05.2013


Angesichts rekordverdächtiger Regenmengen und fehlendem Sonnenschein wächst hierzulande die Sorge, daß die Mähdrescher später rollen. Der erwartete Erntestart im Süden der USA hat dennoch für Preisdruck am Getreidemarkt gesorgt. Doch jetzt kommen neue Sorgen auf.

 

Marktlage
Bereits seit Wochen befindet sich der Getreidemarkt im Rückwärtsgang. Das Auslaufen der Mai-Fälligkeit an der Warenterminbörse in Paris hat auch bei den Preisen am Kassamarkt zu einem empfindlichen Preiseinbruch geführt. Wurde vor kurzem noch über ex-Ernte-Preise für Brotweizen von 195 bis 215 Euro/t netto verhandelt, so liegen die Preisangebote zwischenzeitlich rund 15 bis 20 Euro/t niedriger. Auch prompte 2012er Ware, - vor kurzen noch unter Gewährung von Prämien gesucht -, ist inzwischen in den Abwärtssog der Kurse für die neue Ernte geraten.


Am 10. Mai hatte das US-Landwirtschaftsministerium mit seiner "üppigen" Ernteschätzung den Preisdruck am Getreidemarkt verschärft. Beschleunigt wurde der Abwärtstrend zuletzt durch Niederschläge in den trockenen Anbaugebieten der USA, gute Wachstumsbedingungen in vielen Ländern der EU, hohe Ernteerwartungen in Rußland bzw. der Ukraine und zuletzt auch Regen pünktlich zur Aussaat in Australien.

 

Fakten

  • USA: Regen und Überflutungen
    Die Preise in den USA gerieten zuletzt zunehmend unter Preisdruck, da in Kürze mit dem Start der Weizenernte in Texas gerechnet wird. Doch inzwischen kommen neue Ernte-Sorgen auf und lassen den Kurstrend wieder nach oben drehen.

    Denn Gewitterregen könnte den Erntestart in Texas verzögern und im "Mittleren Westen" der USA hat es inzwischen mehr als genug geregnet. In den westlichen und zentralen Gebieten des "Mittleren Westens" kommt es regional zu Überflutungen.

    Damit verlangsamt sich die Frühjahrsaussaat auf den noch nicht bestellten Flächen erneut und es stellt sich die Frage, ob überhaupt noch alle Mais-Flächen bestellt werden können. Das Zeitfenster für die Maisaussaat schließt sich in den USA seit dem 20. Mai immer weiter, so daß möglicherweise die hohe US-Ernteprognose nach unten korrigiert werden muß.
    Die Mais-Aussaat hat seit der Woche vor Pfingsten zwar einen enormen Sprung nach vorne gemacht. Bis zum 26.05.2013 waren in den USA 86 % der Maisflächen in den 18 Hauptanbaustaaten bestellt. Doch damit liegt das Aussaattempo immer noch hinter dem Vorjahr (99 %) und dem 5-Jahres-Durchschnitt (90 %) zurück.

    Sommerweizen ist erst zu 79 % gesät, im letzten Jahr war die Aussaat bereits beendet - und weiterer Regen ist vorhergesagt.

    Sorgen bereitet zudem, daß der Entwicklungsstand der Winterweizen-Bestände noch immer zu wünschen übrig läßt. Bis zum Ende der letzten Woche hat sich der Zustand der US-Winterweizenbestände kaum verbessern können. Nur 31 % der Feldbestände wurden mit "gut" bzw. "sehr gut" bonitiert. Ein Jahr zuvor waren es 54 % der Felder, die diese Bewertung erreichten. Dagegen werden inzwischen sogar 42 % der Weizenbestände mit "sehr schlecht" und "schlecht" eingestuft. Eine Woche zuvor lag hier der Wert noch bei 41 % und ein Jahr zuvor waren es lediglich 17 % der Weizenfelder, die sich derart schlecht präsentierten..

     Hausse-Tendenz

 

  • EU: Gute Ernteerwartungen
    Höhere Temperaturen und wüchsiges Wetter haben in vielen Ländern der EU eine wahre "Vegetations-Explosion" ausgelöst. Damit haben sich auch die Ernteerwartungen für die EU-27 deutlich verbessert, doch es gibt auch "Problemregionen".

    Siehe hierzu auch den Beitrag: "Ernte 2013: Weizen - Rückkehr zur Normalität" vom 22.05.2013-

     Baisse-Tendenz

 

  • Osteuropa: Besseres Wachstumswetter
    In Rußland und in der Ukraine haben sich die Wachstumsbedingungen inzwischen verbessert. Regen hat den Trockenstreß gemindert und die Temperaturen abgekühlt. Für den Westen der Ukraine und die Mitte Rußland werden weitere Niederschläge und moderate Temperaturen erwartet. Zu gering dürften die Niederschläge allerdings im Osten der Ukraine ausfallen.

    Die hohen Ernteprognosen für Osteuropa könnten sich damit durchaus bewahrheiten. Daher haben die höheren Produktionserwartungen die Inlandspreise in Rußland und der Ukraine bereits vor Wochen auf Talfahrt geschickt.

    Sollte die Ernteprognosen für Rußland mit 90 bis 100 Mio.t Weizen zutreffen, könnte sich das Exportvolumen auf bis zu 25 Mio.t erhöhen. Das wäre eine Steigerung um 10 Mio.t zur Saison 2012/13. Bereits seit kurzem versuchen die osteuropäischen Exporteure mit attraktiven Exportpreisen, verlorene Marktanteile im internationalen Geschäft zurück zu erobern. Inzwischen wird Schwarzmeer-Weizen bereits wieder preisgünstiger als US-Weizen angeboten. Der russische Verband der Getreideproduzenten hält einen Preisrutsch auf bis zu umgerechnet 150 Euro/t für möglich

     Baisse-Tendenz

 

  • Australien: Gute Aussaatbedingungen
    In den Weizenanbaugebieten Australien haben die dringend benötigten Niederschläge die Anbauvoraussetzungen für die gerade begonnene Aussaat verbessert. Die Meteorologen erwarten für die nächsten Tage weiteren Regen, so daß sich die Produktionserwartungen zu Ernte erhöhen dürften.

     Baisse-Tendenz

 

Prognose
Lange Zeit hat das knappe Angebot an prompter Ware viele Käufer bei dringendem Bedarf zur Zahlung von Prämien gezwungen. Inzwischen sind - trotz stark abgeschmolzener Lagerbestände - nicht nur die Vorkontraktpreise, sondern auch das Preisniveau für "Restbestände" ins Rutschen gekommen.

Im internationalen Geschäft werden die hohen russischen Ernte- und Exporterwartungen als klares Schwächesignal für die Preise gewertet. Zu einem neuen Risikofaktor könnte sich jedoch das ungünstige Wetter in den USA entwickeln.

Dennoch wäre nach meiner persönlichen Einschätzung eine erneute Hausse nur dann zu erwarten, wenn eine anhaltende Steigerung des Verbrauchs, ein wachsendes globales Handelsvolumen und zudem weitere starke Inflationssignale am Markt zu erwarten wären. Aus meiner Sicht bestehen derzeit noch keine preiswirksamen Hausse-Signale.

 
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