Rapssaat: Winterschlaf bald zu Ende?


S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 07.02.2013


Wehmütig erinnert man sich an Rapspreise von 500 Euro. Die Finanzjongleure am Ölmarkt sorgen zwar für Hausse-Faktoren. Doch diese werden von den Baisse-Signalen der Soja-Rekordernte komplett überlagert. Dabei dürfte China in den kommenden Tagen für den Preistrend bei Raps eine wichtige Rolle spielen.

 

Marktlage
Der aktuelle Kurstrend enttäuscht und gerät zunehmend in das unruhige Fahrwasser zwischen Fakten und Fiktion. Doch allen Marktbeteiligten an Kassamarkt ist eines klar: Die globale Rapsernte 2012/13 ist defizitär ausgefallen. Rapssaat ist nur knapp verfügbar und die Lagerbestände schrumpfen weiter - nicht nur in Deutschland, sondern weltweit. Es ist vor allem die "dünne" Angebotslage an den Kassamärkten, die seit Jahresbeginn den Preistrend für prompte Ware wieder nach oben lenkt.

Der feste Preistrend hierzulande ist nicht nur den Ernteausfällen in West- und Osteuropa geschuldet, sondern auch dem kalten Winterwetter. Denn derzeit hat die Energiebranche noch einen stetigen RME-Bedarf, obwohl Biodiesel - seit dem Wegfall der Steuerbegünstigung am 1. Januar - absolut nicht mehr konkurrenzfähig ist. Die Frostgrade und die Beimischungspflicht zu fossilem Diesel sorgen derzeit noch dafür, daß der Bedarf an Rapsöl derzeit ungebremst hoch ausfällt.

Infolge der angespannten Versorgungslage koppelt sich der Kassamarkt immer mehr von den Börsentrends ab. Mit zuletzt 460 bis 480 Euro/t netto je nach Menge und Parität sind die Erzeugerpreise auf das höchste Niveau seit 14 Wochen geklettert.

Ganz anders sieht die Situation an den Warenterminbörsen aus. An der Warenterminbörse in Paris hat der inzwischen gültige Front-Termin "Mai 2013" um 2,3 % auf zuletzt 470 Euro/t nachgegeben. Die Kursvorgaben des Soja-Komplexes an den US-Börsen bescherte auch den Raps-Future in Paris deutliche Bremsspuren.


An der Warenterminbörse in Winnipeg, Kanada, ging es beim Mai-Termin nur um 1,5 % rückwärts, denn hier stand die trotz der Flächenausdehnung nur kleine Canola-Rapsernte von 13,3 Mio.t im Vordergrund.

 

 

Fakten

  • Welt: Versorgungsbilanz bleibt auch 2013/14 eng
    Die globale Rapssaatenernte fällt 2012/13 wieder einmal defizitär aus. Mit 59,3 Mio.t wird die Rapsernte 2012/13 von den Analysten des US-amerikanischen Landwirtschaftsministeriums fast 4 % niedriger als die Vorjahresernte eingeschätzt.

    Nicht nur weltweit, sondern auch in der EU werden die Lagervorräte daher deutlich schrumpfen. In der EU schmelzen die Bestände beinahe auf das niedrige Niveau des Hausse-Jahres 2007/08 ab.

    in Mio. t
    Rapssaaten
    Produktion
    Verbrauch
    Endbestände
    Welt
    EU-27
    Welt
    Welt
    EU-27
    2007/08
    48,5
    18,4
    49,0
    4,0
    1,0
    2008/09
    57,8
    19,0
    54,6
    7,3
    1,8
    2009/10
    61,0
    21,6
    59,4
    8,8
    1,8
    2010/11
    61,0
    20,8
    62,0
    7,0
    1,8
    2011/12
    61,6
    19,1
    63,5
    5,1
    2,1
    2012/13 Prognose vom:
    11.12.2012
    59,3
    18,8
    61,6
    2,8
    1,4
    11.01.2013
    59,3
    18,8
    61,5
    2,8
    1,4
    Quelle: USDA

    Auch in der kommenden Saison 2013/14 dürfte sich die Versorgungsbilanz nur leicht entspannen. Das Analystenhaus Informa Economics beispielsweise hat seine Ernteprognose inzwischen sogar leicht nach unten korrigiert. Weltweit erwarten die Analysten jetzt nur noch eine Rapsproduktion in Höhe von 65,2 Mio.t (zuvor: 65,3).

     Hausse-Tendenz

 

  • EU / Deutschland: Höhere Ernteerwartungen für 2013/14
    Die Winterrapsbestände präsentieren sich in den meisten Regionen der EU in einem sehr guten Zustand. Nach bisher weitgehend moderaten Kältegrade und einer schützenden Schneedecke in vielen Regionen sind die Feldbestände gut entwickelt.

    Dennoch hat nicht nur das Analystenhaus Informa Economics hat für die EU-27 seine Ernteprognose 2013/14 auf 20,7 Mio.t (zuvor: 20,8) korrigiert. Das französische Analystenhaus Tallage erwartet in der EU-27 eine Produktion von 20,4 Mio.t (2012/13: 19,2) auf einer um 3 % auf 6,4 Mio. Hektar ausgeweiteten Anbaufläche. Für Deutschland wird mit 5,4 Mio. t eine um 12,5 % höhere Produktion, für Frankreich dagegen mit 5,2 Mio.t eine um 5,5 % niedrigere Produktion erwartet.

    Aktuell beträgt die Raps-Anbaufläche in Deutschland ca.15 % der Ackerfläche. Eine weitere Flächenausdehnung ist daher kaum noch möglich.

     Baisse-Tendenz, doch noch ist der Winter nicht zu Ende

 

  • Osteuropa: "Günstiges" Anbauwette = steigendes Exportpotential
    In der Ukraine, immerhin der drittgrößte Exporteur am Weltmarkt, fällt die Rapssaatenproduktion seit dem Rekorderntejahr 2008 mit damals rund 2,9 Mio.t immer weiter ab. Nach starken Auswinterungen und wochenlanger Trockenheit wurden im letzten Jahr wurden nur noch 1,2 Mio.t Raps geerntet.

    Zur Ernte 2013 wurde der Winterrapsanbau allerdings wieder ausgeweitet. Mit 1,03 Mio. Hektar ist die Fläche rund 7,2 % größer als im Vorjahr. Zudem planen die Landwirte, in diesem Jahr verstärkt in den Sojabohnen-Anbau einzusteigen.

    Anders als im Vorjahr präsentieren sich die Rapsbestände in bester Verfassung. Das Landwirtschaftsministerium in Kiew bonitierte 96,6 % der Winterungsflächen Ende Januar mit "gut" bis "sehr gut" (Vorjahr: 66,8 %).

    Aktuell liegen die Tagestemperaturen zwischen +1°C im Norden des Landes und +7°C im Süden. Auf der Halbinsel Krim erreichen die Temperaturen sogar +17°C. Es bleibt abzuwarten, welche Folgen eine plötzliche Rückkehr des Winters hat.

     Baisse-Tendenz, doch noch ist der Winter nicht zu Ende

 

  • Kanada: Rückläufiges Exportpotential
    In Kanada, der Nummer 1 unter den Exporteuren, schmelzen die Canola-Lagerbestände im Rekordtempo ab. Nach Mitteilung des kanadischen Statistikamtes lagen die Vorräte Ende 2012 rund 24 % unter denen des Vorjahres. Mit 7,4 Mio.t sind die kanadischen Rapsbestände damit auf den niedrigsten Stand seit 2006 geschrumpft.

    Es ist nicht damit zu rechnen, daß Kanada in der nächsten Saison sein Exportpotential weiter ausbauen kann. Zur nächsten Ernte prognostiziert das kanadische Landwirtschaftsministerium einen leichten Rückgang der Canola-Aussaatfläche.

     Hausse-Tendenz

 

  • Australien: Steigende Exporte in Richtung Europa
    In Australien, immerhin Nummer 2 unter den Exporteuren, ist die Rapsernte kleiner ausgefallen als zunächst erwartet. Nach Angaben des australischen Landwirtschaftsministeriums wird die Canola-Rapsernte 2012/13 mit 2,6 Mio.t fast 16 % niedriger eingeschätzt als im Vorjahr, und das, obwohl die Anbaufläche um mehr als 22 % auf 2,2 Mio. Hektar ausgeweitet wurde. Der Australische Ölsaatenverband prognostiziert jedoch nur einen Rückgang um 1,6 % auf 3,1 Mio.t.

    In den letzten Jahren haben australische Rapsexporte auch für die EU wieder eine Bedeutung erlangt. In diesem Jahr ist mit einer deutlichen Ausweitung der Importe aus "Down under" zu rechnen, zumal Australien GVO-freie Ware liefern kann.

    Hauptimportuere von australischem Raps waren in den letzten Jahren die EU, Japan, Pakistan und die Vereinigten arabischen Emirate. Bald könnte sich auch China wieder unter die Gruppe der Käufer mischen. (Näheres hierzu siehe unter "Prognose".)

     Baisse-Tendenz

 

 

Prognose
Vor allem China dürfte in den kommenden Tagen eine wichtige Rolle spielen, wenn es um die weitere Preisentwicklung am Rapssaatenmarkt geht. In China, mit einer Rapsernte von 12 bis 13 Mio.t immerhin der drittgrößte Produzent, wird für die kommenden Tage (eine Kaltfront mit klirrender Kälte und Schnee vorhergesagt. Chaos dürfte daher nicht nur für den Reiseverkehr während des chinesische Neujahrsfestes ab dem 09.01.2013 vorhergesagt sein. Noch ist nicht absehbar, welche Schäden das frostige Wetter der letzten Wochen hinterlassen hat. Der derzeitige Temperatursturz dürfte die Inlandspreise für Getreide, Gemüse, Pflanzenöl etc. noch einmal in die Höhe treiben.

Das extrem kalte Winterwetter im Reich der Mitte, dürfte den Importbedarf an Ölsaaten und pflanzlichen Ölen zusätzlich deutlich ansteigen lassen. Möglicherweise kann dann auch australischer Raps nach einem dreijährigen Importverbot wieder den sehr viel kürzeren Weg nach China wählen. China hatte 2009 den Import von australischem Raps aufgrund der Gefahr der Verschleppung einer Pilzinfektion verboten. Seit November 2012 laufen Verhandlungen zur Aufhebung des Importverbotes.

Das bedeutet, daß sich die europäischen Ölmüller wohl weiterhin mit einem ziemlich knappen Angebot abfinden müssen.

Die Beimischungspflicht zu fossilen Diesel, der steigende Bedarf der Lebensmittelbranche und das fehlende internationale Angebot dürften nach meiner persönlichen Einschätzung für ein weiterhin hohes Preisniveau sorgen. Sobald das Ende der kalten Jahreszeit in Sicht kommt, rechne ich jedoch damit, daß die Preise unter Druck geraten, da dann die Energiebrache verstärkt auf das deutlich preisgünstigere Palmöl ausweichen dürfte.

 

Tip - Ernte 2013 und 2014:
Das vergleichsweise hohe Preisniveau bietet unter kaufmännischen Gesichtspunkten gute Rendite-Chancen vom Acker. Nicht nur der Verkauf der Ernte 2012, sondern auch die Vermarktung der kommenden Ernten - 2013 und 2014 - wird jetzt wieder interessanter.

Ex-Ernte 2013 lassen sich inzwischen wieder rund 410 bis 425 Euro/t netto erzielen und ex-Ernte 2014 liegen die Gebote des Agrarhandels mit 395 bis 410 Euro/t nur knapp darunter. Der weitere Preistrend bleibt in den kommenden Wochen eng gekoppelt an die Winterwitterung auf der Nordhalbkugel zur Ernte 2013.

 
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