Weizen: Witterungsrisiken bringen Kurse auf Trab


S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 16.01.2013


Wieder sind es neue Meldungen von der Wetterfront auf der Nordhalbkugel, die den Weizenpreisen Auftrieb geben. Verstärkt wird der neue Aufwärtstrend durch die abschmelzenden Lagervorräte. Damit wird der künftige Preistrend immer mehr zur Wetterfrage.

 

Der Preistrend wird zur Wetterfrage
In den letzten Wochen entscheiden sich viele Marktteilnehmer am Weizenmarkt zunächst einmal für die Marktstrategie "Abwarten!". Während Käufer auf weitere Preisrückgänge infolge der Kursrückgänge an den Börsen hofften, spekulierten viele Verkäufer auf das Wetter. Denn der Winter auf der Nordhalbkugel ist noch lange nicht vorbei.

Die Wetter-Spekulanten sehen sich jetzt bestätigt: Aktuell haben verschärfte Witterungsrisiken den Preistrend bei Weizen wieder nach oben gedreht. Denn für die USA wächst die Auswinterungsgefahr: Klirrende Kälte und eine geringe, in weiten Regionen sogar fehlende Schneedecke sind vorhergesagt. Verstärkt wird das Auswinterungsrisiko durch die anhaltende Trockenheit. Vor allem im sogenannten "Mittleren Westen" und in den "Südlichen Ebenen" ist kein Regen in Sicht, während in den "Nördlichen Ebenen" die Niederschläge nicht ausreichen werden, um die nFK wieder aufzufüllen.


Bereits vor dem Winter (Ende November 2012) wurden die Winterweizenbestände in den USA so schlecht wie nie zuvor bonitiert. Lediglich 33 % der Bestände wurden mit "gut" bis "sehr gut" bewertet, denn nach der Jahrhundertdürre des Sommers blieben ausreichende Niederschläge in weiten Anbauregionen der USA noch immer aus.

Sehr viel günstiger entwickelt sich das Anbauwetter in Europa. In Osteuropa schützt eine dicke Schneedecke die Weizenbestände und auch die Kältegrade bleiben vorerst moderat. In der Ukraine melden offizielle Stellen wie auch private Analysten, daß 90 % der Winterweizenbestände in der Schwarzmeer-Region in die Kategorie "gut" bzw. "sehr gut" einzuordnen sind. Ganz anders sieht es jedoch im Osten Rußlands aus. In der letzten Woche hat ein Temperaturabsturz in mehreren Anbauregionen die Wintergetreidebestände "kalt erwischt", da eine schützende Schneedecke fehlte. Hier werden bereits Auswinterungsschäden erwartet.

In Westeuropa ist der Winter am Wochenende in eine zweite Runde gestartet. Inzwischen schützt in den meisten Regionen Deutschlands eine Schneedecke die Feldbestände.

 

 

Marktlage
Nachdem der Weizenmarkt noch in der letzten Woche auf der Stelle trat, zeigt jetzt der Preistrend nicht nur an den Börsen wieder nach oben. Auch am Kassamarkt werden inzwischen wieder höhere Preise gezahlt. An der Produktenbörse Hamburg wurde Brotweizen gestern mit 266 Euro/t netto um 7,50 Euro/t höher notiert als eine Woche zuvor. Qualitätsweizen wurde 8 Euro/t höher notiert.

Nachdem Verarbeiter und Exportunternehmen sich in den letzten Wochen vom Markt zurückgezogen hatten, steigt jetzt die Nachfrage nach Anschlußgeschäften wieder an. Noch immer spreizen die Preisvorstellungen von Erzeugern und Käufern auseinander. Nach dem Abwärtstrend der Preise in den letzten Wochen kommen die Kursanstiege an den Börsen und die Preissteigerungen auf der Großhandelsebene bisher nur verzögert am Kassamarkt an.

Aufgrund der dünnen Angebotslage sind Käufer dennoch gezwungen, für prompte Lieferungen Prämien zu gewähren, um Ware aus dem Lager zu locken. Für prompte B-Qualitäten werden Preise von 255 bis 270 Euro/t netto gezahlt. Damit erzielt Weizen wieder Prämien von 5 bis 25 Euro netto "über Matif" je nach Qualität, Menge und Parität. Für Qualitätsweizen lassen sich allerdings nur geringe Aufschläge realisieren und Eliteweizen wird weitgehend vernachlässigt.


Verstärkt wird die Trendwende durch neue statistische Zahlen des US-Landwirtschaftsministeriums: Das Produktionsdefizit 2012/13 in Höhe von 44 Mio.t Weizen soll die globalen Lagerbestände um 10 % bzw. 18 Mio.t abschmelzen lassen.

Davon profitiert auch der EU-Export, der in der laufenden Saison um 1,5 Mio.t steigen dürfte. Nicht nur der flotte Export - u.a. auch nach England - und der fehlende Wettbewerbsdruck aus Osteuropa sorgen für einen festen Preistrend. Auch die wenigen Offerten der Produzenten und der noch zu erwartende Anschlußbedarf der Verarbeiter stützen die Preise in ganz Europa.

 

 

Prognose
Was wird das Jahr 2013 bringen - eine Rekordernte oder Produktionsausfälle? Das ist die letztendlich alles entscheidende Frage. Die Rückkehr des Winters auf der Nordhalbkugel löst Zweifel an der globalen Versorgungssicherheit aus und sorgt so für Preisauftrieb.

Der Preistrend wird zur Wetterfrage. Denn angesichts der vielen unerwarteten Ernteausfälle - 'mal in diesem, 'mal in einem anderen Teil der Welt - ist kein Marktteilnehmer derzeit wirklich entspannt. Auch die Ausweitung der Winterweizen-Anbaufläche auf der Nordhalbkugel um +2 % kann ihre entspannende Wirkung derzeit, mitten im Winter, nicht entfalten.

Tip: Das vergleichsweise hohe Preisniveau bietet unter kaufmännischen Gesichtspunkten gute Rendite-Chancen vom Acker. Nicht nur der Verkauf der Ernte 2012, sondern auch die Vermarktung der kommenden Ernten - 2013 und 2014 - wird jetzt wieder interessanter.

Ex-Ernte 2013 lassen sich inzwischen wieder rund 195 bis 205 Euro/t netto erzielen und ex-Ernte 2014 liegen die Gebote des Agrarhandels bei 185 bis 195 Euro/t. Der weitere Preistrend bleibt in den kommenden Wochen eng gekoppelt an die Winterwitterung auf der Nordhalbkugel zur Ernte 2013.

 
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