Verwaltungsvereinfachung und eine wirksame Überwachung
der Agrarbeihilfen, ohne die Aufsichtsfunktion der Kommission zu
schwächen - dies ist das Ziel einer
Verordnung, die am 10.12.2003 von der EU-Kommission genehmigt wurde.
Mit ihr können die Mitgliedstaaten verschiedene Arten
staatlicher Beihilfen im Agrarsektor gewähren, ohne
zuvor die Genehmigung der Kommission einholen zu müssen.
Diese sogenannte Gruppenfreistellung soll die Umsetzung neuer Agrarbeihilfen
beschleunigen, und so die Durchführung von einzelstaatlichen
Programmen zur Verbesserung der Standards in den Bereichen Umwelt,
Tierschutz und Hygiene im Agrarsektor erleichtern. Die
neue Regelung sei kein Versuch einer Renationalisierung der Agrarbeihilfen,
so die Kommission. Auch künftig sollen in der gesamten
EU einheitliche Vorschriften für staatliche Beihilfen
im Agrarsektor gelten.
Mit der neuen Verordnung wird die Vorprüfung einer breiten Palette
staatlicher Beihilfemaßnahmen durch die Kommission abgeschafft,
um den Mitgliedstaaten die Möglichkeit zu geben, Beihilferegelungen
sehr viel rascher einzuführen und damit auch rascher auf neue Herausforderungen
zu reagieren, mit denen die Landwirte konfrontiert sind.
Zu den Neuerungen gehört, daß die Mitgliedstaaten für einzelbetriebliche
Investitionen bis zu 55 % der entsprechenden Kosten übernehmen
können. Für Investitionen zur Verbesserung der Tierschutz- und der
Umweltbedingungen können Beihilfen von bis zu 75 % gewährt
werden, ohne daß die Kommission zuvor unterrichtet werden
muß.
Für Maßnahmen zur Förderung der Erzeugung und Vermarktung
von Qualitätserzeugnissen kann ein Betrieb über drei Jahre insgesamt
bis zu 100.000 € erhalten. Noch einmal der gleiche
Betrag kann für technische Hilfe wie Beratungsdienste oder die
Teilnahme an Messen und Ausstellungen gewährt werden. |
Im Gegenzug zum Wegfall der Anmeldepflicht müssen die Mitgliedstaaten
dann im weiteren Verlauf aussagekräftige Berichte über die Durchführung
der Beihilfen vorlegen, damit die Kommission prüfen kann, ob die
Bestimmungen der Verordnung eingehalten wurden.
Zur Gewährleistung der Transparenz werden alle freigestellten stattlichen
Beihilfen im Internet veröffentlicht, bevor die Auszahlungen anlaufen.
Auf diese Weise können alle Beteiligten sich ein genaues Bild machen.
Bei Beschwerden wegen eines mutmaßlichen Mißbrauchs des neuen
Verfahrens kann die Kommission jederzeit eine Untersuchung in die
Wege leiten.
Gruppenfreistellung
Die Verordnung sieht eine Gruppenfreistellung für bestimmte
Arten staatlicher Beihilfen vor, die Landwirten und in der Verarbeitung
und Vermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse tätigen Unternehmen
gewährt werden und bestimmte Schwellenwerte nicht überschreiten.
Dies bedeutet, daß die Mitgliedstaaten für diese Beihilfen
von der Anmeldepflicht befreit sind. Die Verordnung gilt für staatliche
Beihilfen zugunsten kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) im Agrarsektor.
In Anbetracht der Definition der KMU bis zu 250 Beschäftigte,
bis zu 40 Mio. € Jahresumsatz oder eine Jahresbilanzsumme
von 27 Mio. € - erfaßt sie nahezu alle
Betriebe und Unternehmen des Agrarsektors. |
Mehr Transparenz via Internet
Die Kommission führt außerdem einen neuen Transparenzstandard
ein: Eine Kurzbeschreibung aller freigestellten staatlichen Beihilfen
aus allen Mitgliedstaaten wird fünf Tage, bevor die Auszahlung der
Beihilfe beginnt, im Internet veröffentlicht. Auf diese Weise können
sich die Landwirte und die sonstigen Beteiligten ein genaues Bild
von den staatlichen Beihilfemaßnahmen machen, die unter die Gruppenfreistellung
fallen. Diese Maßnahme gewährleistet die Transparenz und einen Leistungsvergleich
(Benchmarking), ohne schwerfälliges Anmelde- und Genehmigungsverfahren.
Inhalt der Verordnung
Folgende Beihilfen fallen unter die Verordnung, vorausgesetzt,
die in der Verordnung aufgeführten Sonderbedingungen werden erfüllt:
- Investitionsbeihilfen: Den Landwirten dürfen Investitionsbeihilfen
in Höhe von bis zu 40 % der Investitionssumme gewährt werden.
Dieser Satz darf in benachteiligten Gebieten auf 50 % steigen
und bei Investitionen, die von Junglandwirten getätigt werden,
um weitere 10 Prozentpunkte angehoben werden. Die Beihilfe
darf nicht auf bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse beschränkt
bleiben. So würde beispielsweise eine Beihilferegelung speziell
für den Schweinefleischsektor nicht unter die Verordnung fallen.
Die Landwirte können frei entscheiden, in welchem Sektor sie investieren
wollen, solange es für die Erzeugnisse genügend Absatzmöglichkeiten
gibt. Beihilfen für Investitionen, die zu einer Steigerung der
Produktionskapazität führen, werden nur bis zu einem Steigerungssatz
von 20 %, gemessen in Großvieheinheiten bzw. Hektar Anbaufläche,
von der Anmeldepflicht freigestellt. Beihilfen in Höhe von bis
zu 60 % - in benachteiligten Gebieten bis zu 75 %
- dürfen zur Deckung der Kosten von Investitionen gewährt werden,
die dem Schutz und der Verbesserung der Umwelt, der Verbesserung
der Hygienebedingungen in der Tierproduktion oder der Verbesserung
des Wohlergehens von Nutztieren dienen, insoweit diese Investitionen
über die Mindest-EU-Anforderungen hinausgehen. Diese Beihilfen
dürfen sogar auf bestimmte Erzeugnisse beschränkt werden.
- Unternehmen, die in der Verarbeitung und Vermarktung landwirtschaftlicher
Erzeugnisse tätig sind, dürfen Investitionsbeihilfen in Höhe von
bis zu 40 % erhalten; dieser Satz darf in Ziel-1-Regionen
auf 50 % angehoben werden. Die Beihilfe darf nicht auf bestimmte
landwirtschaftliche Erzeugnisse beschränkt werden. Beispielsweise
würde eine spezielle Beihilferegelung für den Milchsektor nicht
unter die Verordnung fallen. Die Unternehmen können frei entscheiden,
in welchem Sektor sie investieren wollen, solange es für die Erzeugnisse
genügend Absatzmöglichkeiten gibt.
- Beihilfen in Höhe von bis zu 100.000 € je Begünstigten
über drei Jahre dürfen als Anreize für die Produktion
und Vermarktung von Qualitätserzeugnissen gewährt
werden; diese Kosten dürfen Ausgaben für Marktforschung u.ä.,
die Kosten für die Einführung von Qualitätssicherungssystemen
sowie entsprechende Schulungsmaßnahmen, die Gebühren, die von
anerkannten Zertifizierungsstellen für die Erstzertifizierung
im Rahmen von Qualitätssicherungs- und ähnlichen Systemen erhoben
werden, sowie die Kosten der von Dritten durchgeführten Kontrollen
umfassen.
- Startbeihilfen für Erzeugergemeinschaften oder -vereinigungen
dürfen gewährt werden, wenn der Gesamtbetrag der Beihilfe 100.000 €
nicht überschreitet und über fünf Jahre degressiv gestaffelt ist
(100 % der zuschußfähigen Kosten im ersten Jahr, danach
jährliche Absenkung um mindestens 20 Prozentpunkte).
- Beihilfen in Höhe von bis zu 100.000 € je Begünstigten
innerhalb von drei Jahren dürfen für die Bereitstellung technischer
Hilfe im Agrarsektor gewährt werden. Hierzu gehören die Kosten
für die Schulung und Ausbildung von Landwirten und landwirtschaftlichen
Arbeitskräften, die Kosten für die Bereitstellung von Vertretungsdiensten,
die Kosten für Beratungsdienste und die Kosten für die Organisation
von bzw. die Teilnahme an Wettbewerben, Ausstellungen und Messen.
- Beihilfen in Höhe von bis zu 100 % der Kosten für die Erhaltung
von Kulturlandschaften und Gebäuden; diese Kosten
dürfen einen angemessenen Ausgleich für die vom Landwirt selbst
oder von seinen Arbeitskräften geleistete Arbeit bis zu einem
Höchstsatz von 10.000 € jährlich einschließen.
- Beihilfen dürfen auch für die Kosten von im öffentlichen Interesse
durchgeführten Aussiedlungen betrieblicher Einrichtungen
gewährt werden;
- Für die Niederlassung von Junglandwirten darf eine Beihilfe
von bis zu 30.000 € gewährt werden.
- Beihilfen für den Vorruhestand von Landwirten dürfen
gewährt werden, sofern die landwirtschaftliche Tätigkeit dauerhaft
und endgültig aufgegeben wird.
- Beihilfen zur Zahlung von Versicherungsprämien dürfen
gewährt werden, wenn sie sich auf höchstens 80 % der Prämienkosten
für Versicherungspolicen belaufen, die ausschließlich zur Deckung
von Verlusten aufgrund von Wetterkatastrophen bestimmt sind, die
Naturkatastrophen gleichgestellt werden können; dieser Satz sinkt
auf 50 % der Prämienkosten, wenn die Versicherung auch sonstige
witterungsbedingte Verluste und/oder durch Tierseuchen oder Pflanzenkrankheiten
bedingte Verluste abdeckt.
- Beihilfen von bis zu 100 % dürfen für die durch die Flurbereinigung
tatsächlich entstandenen Rechts- und Verwaltungskosten gewährt
werden.
- Beihilfen für den Tierhaltungssektor dürfen bis zu einem
Höchstsatz von 100 % der unmittelbar mit dem Anlegen und
Führen von Zuchtbüchern zusammenhängenden Kosten gewährt werden;
Gewährt werden dürfen außerdem Beihilfen bis zu einem Höchstsatz
von 70 % der Kosten für Tests zur Bestimmung der genetischen
Qualität oder der Leistungsmerkmale der Tiere, die von oder im
Namen von Dritten durchgeführt werden, sowie Beihilfen bis zu
einem Höchstsatz von 40 % der Kosten für Investitionen in
Zuchtstationen und für die Einführung innovativer Zuchtverfahren
oder -praktiken. Beihilfen von bis zu 100 % der Kosten von
TSE-Tests mit einer Obergrenze von 40 € je zum Verzehr
geschlachtetes Rind.
Die Ausgaben für freigestellte staatliche Beihilfen sind entweder
im gleichen oder in geringerem Ausmaß förderfähig als im derzeitigen
Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen im Agrarsektor vorgesehen.
Die neue Verordnung wird in Kürze im Amtsblatt veröffentlicht
und tritt 20 Tage später in Kraft. Sie gilt bis Ende 2006.
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Quelle: EU-Kommission 10.12.2003