Mad Markets
Bald "wahnsinnige" Preissteigerungen?


S. Linker  linker@kassel.hlrl.de Stand: 28.11.2000


Zunächst war es die Meldung über ein BSE-infiziertes Rind in Norddeutschland und ein BSE-positiv getestetes Exportrind aus Deutschland. Am 27.11.2000 gewann die BSE-Problematik durch die Meldung der Einmischung von Tiermehl in Rinderfutter bei einer norddeutschen Futtermittelfirma dann eine neue Dimension.

Nachfolgend sollen nicht die Auswirkungen der BSE-Krise auf die seit Jahren leidgeprüften Rinderhalter diskutiert werden, sondern die Auswirkungen auf die Getreide- und Ölsaatenmärkte.

Fakten

  • Nach Frankreich und Italien ist auch in Deutschland in Kürze ein generelles Fütterungsverbot von Tiermehl geplant. Die Brisanz des Themas und die Bedenken vor des Ausbreitung der BSE-Krankheit lassen erwarten, daß weitere EU-Staaten sich der Verbannung von Tier-/Blutmehl aus der Tierfütterung anschließen werden.

    Analysten gehen bei einem EU-weiten Tier-/Blutmehl-Verbot von einem Substitutionsbedarf bei Proteinträgern in Höhe eines Sojaäquivalentes von 4,5 bis 5,0 Mio. Tonnen aus.

    in
    Mio. 
    Tonnen
    Sojabohnen-
    Produktion
    USA
    Sojabohnen-
    Endbestände
    USA
    Sojabohnen-
    Import EU
    Sojaschrot-
    Import EU
    1998/1999
    74,60
    9,48
    16,77
    19,95
    1999/2000
    72,22
    7,83
    15,75
    19,77
    2000/2001
    75,58
    9,54
    15,74
    19,54

    + 4,5-5,0 *)

    Quelle: USDA, Prognose vom 09.11.2000; *) EU-Ministerrat

    Zur Schließung der Versorgungslücke an Proteinträgern dürfte zunächst die in der EU verfügbaren Ölschrote, darunter Rapsschrot eingesetzt werden. Der darüber hinausgehende Bedarf dürfte in diesem Jahr nur zu einem erheblich Teil über zusätzliche Sojaimporte zu decken sein. Sollte sich der kalkulatorische Mehrbedarf bestätigen, so ist mit einem starken Abbau der US-Endbestände zu rechnen.

  • Die Fischmehl-Produktion in Peru im Zeitraum Januar bis October soll mit 1,7 Mio. t rund 50 % über der des Vorhares liegen. Auch die Fischmehlexporte konnten in den ersten zehn Monaten dieses Jahres auf 2,0 Mio. t (Vj. 1,2) gesteigert werden. Im Oktober war die Exportsteigerung auf 170.000 t (Okt Vj.: 20.000) am höchsten.

  • Für Australien rechnen Analysten jetzt mit mit einem noch höheren Ernterückgang bei Weizen als zunächst erwartet gerechnet. Das US-Landwirtschaftsministerium hatte am 09.11.2000 noch mit einem Rückgang auf 20 Mio. t gerechnet (1999/00: 24,1, 1998/99: 22,1 Mio. t). Heftige Regenfalääle haben darüber hinaus in einigen Landesteilen zuerheblichen Ausfällen bei den Rapsbeständen geführt.

  • Nach der Prognose des US-Landwirtschaftsministeriums vom 09.11.2000 wird - wie erwartet - die weltweite Weizenproduktion zum dritten Mal in Folge unter dem Verbrauch liegen. Der damit verbundene Rückgang der Endbestände und die Konsequenzen wurde zuletzt in dem Artikel "Weizen könnte knapp werden" vom 22.11.2000 beschrieben.

  • In der EU ist der Handel mit Weizen nach wie vor relativ gering, da die Verarbeiter aus der Ernte heraus noch gut versorgt und damit nicht bereit sind, auf die anstehenden Preiserhöhungen einzugehen. Der Export in Drittländer läuft jedoch nach wie vor zügig, so daß der insgesamt positive Markttrend anhält. Erste - wenn auch noch bescheidene - Preissteigerungen sind jetzt auch auf Erzeugerebene zu verzeichnen. Nach Frankreich und Italien ist auch in Deutschland in Kürze ein generelles Fütterungsverbot von Tiermehl geplant. Wenn der Bundesrat dem Gesetzentwurf wie geplant am 01.12.2000 zustimmt, würde das Gesezt am 02.12.2000 in Kraft treten. Vorprogrammiert durch die BSE-Krise ist auch hier ein höherer Bedarf.

Prognose
Über die in den Marktanalysen "Raps: Hoher Bedarf schafft feste Preise" vom 14.11.2000 und "Weizen könnte knapp werden" vom 22.11.2000 beschriebenen hausseträchtigen Fakten hinaus, wird die BSE-Krise zu einem höheren Bedarf an Futtergetreide und an Proteinträgern in der EU führen. Damit verbunden ist einerseits ein höherer Bedarf im Binnenmarkt und andererseits eine höhere Nachfrage an den Weltmärkten, die auf die neue Lage bereits mit weiteren Preissteigerungen reagiert haben.

Die Preise dürften somit im Binnenmarkt aufgrund der Auswirkungen durch die BSE-Krise und am internationalen Markt aufgrund der mehrfach beschriebenen hausseträchtigen Faktoren anziehen.

Übersicht

 

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