Börse: In Wartestellung


S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 05.04.2013


Frost auf dem Acker und Frust auf dem Börsenparkett lassen keine Stimmung an den Märkten aufkommen. Noch sind die Risiken, die diesseits und jenseits des Atlantiks durch Auswinterungsschäden und Vegetationsverzögerungen entstehen könnten, nicht quantifizieren. an den Börsen wartet man lieber erst einmal ab.

 

Devisen & Konjunktur
Zunächst verzeichnete der Euro gestern im frühen Handel vor der Ratssitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) leichte Verluste. Der trübe Konjunkturausblick im Euroraum belastete unsere Gemeinschaftswährung.

Die Wende brachte die Pressekonferenz nach der EZB-Ratssitzung. EZB-Präsident Mario Draghi erklärte das politische Kapital, das in die Gemeinschaftswährung investiert wurde, als "gewaltig unterschätzt". Der EZB-Chef stellte klar, daß die Ereignisse der vergangenen Wochen - u.a. rund um die Zypern-Krise - die Entschlossenheit der EZB gezeigt hätten, alles zum Erhalt der Eurozone tun. Gleichzeitig warnte er all jene, die auf ein Auseinanderbrechen des Euro spekulierten.

Der Euro zog daraufhin an und übersprang im Handelsverlauf die Marke von 1,29 US-Dollar. Zuvor war der Euro-Referenzkurs von der Europäischen Zentralbank (EZB) mit 1,2818 US-Dollar etwas schwächer als am Vortag festgesetzt worden. Heute im frühen Handel wird der Euro mit 1,2925 US-Dollar deutlich über dem Vortageskurs gehandelt.

Im Fokus steht heute der US-amerikanische Arbeitsmarktbericht für den März. Seitdem die US-Notenbank FED ihre Geldpolitik eng an die Entwickölung des US-Arbeitsmarktes gekoppelt hat, haben diese US-Wirtschaftsdaten an Bedeutung gewonnen. Die FED will so lange ihre Quasi-Null-Zins-Politik forführen, wie die US-Arbeitslosenquote über 6,5 % liegt. Nachdem die US-Arbeitslosenquote von 7,9 % im Januar im Februar auf 7,7 % und damit den tiefsten Stand seit Dezember 2008 zurückgegangen war, rechnen Experten für den März mit keiner positiven Veränderung. .

 

Energie
Die Ölpreise haben gestern weiter nachgegeben. Ein Grund sind die neuen wöchentlichen Zahlen des US-Energieministeriums zu den US-Lagerbeständen, die erneut einen Anstieg der Rohöl-Lagerbestände um 3 Millionen Barrel ausweisen. Ein weiterer Grund ist die Erwartung, daß sich der Arbeitsmarkt in den USA, - dem weltweit größten Energieverbraucher -, schlechter entwickelt als erwartet.

Die neuen Zahlen brachten den Ölmarkt unter Druck. Letztendlich wurde ein Barrel (1 Faß = 159 Liter) der US-amerikanischen Referenzsorte West Texas Intermediate (WTI) zur Auslieferung im Mai mit 93,26 Dollar niedriger als am Vortag gehandelt. Auch Nordsee-Rohöl der Sorte Brent zur Mai-Fälligkeit notierte gestern zum Handelsschluß mit 106,34 Dollar etwas schwächer. Heute im frühen Handel zeigt der Ölpreis an den Börsen weiter deutlich nach unten.

 

Agrarrohstoffe
Noch immer ist es in Europa kalt und frostig. Kurz gesagt: Es herrschen winterliche Temperaturen. Während in der Realwirtschaft aufkommende Probleme wie Vegetationsverzögerung, Trockenheit und zunehmende Auswinterungsschäden im Vordergrund stehen, fehlen den Investoren an den Börsen die "großen" Nachrichten. So waren es vorrangig die als unerwartet schwach interpretierten Exportzahlen in den USA und die Vorhersage weiterer Niederschläge für die noch immer zu trockenen Anbaugebiete der "Südlichen Ebenen".

Die Erwartung besserer Anbauaussichten für die USA brachte die Kurse in Übersee in's Rutschen. Das das US-Landwirtschaftsministerium nur 34 % der US-Winterweizenbestände mit "gut" oder "sehr gut" einstufte ist an den Börsen bereits eingepreist. Gute Anbaubedingungen für Mais in Brasilien und die Vorhersage von besserem Erntewetter für Südamerika sorgten für zusätzlichen Kursdruck auf dem internationalen Parkett.

Die europäischen Börsen konnten sich bei den Getreide-Futures den negativen Vorgaben weitgehend entziehen. Das französische Institut für Agrarforschung erwartet, daß die Erträge im wichtigsten Weizenanbauland der EU um 5-6 % niedriger ausfallen könnten, falls die Kältewelle noch länger als zwei Wochen andauert.

Die europäischen Agrarrohstoff-Börsen schlossen im späteren Handelsverlauf dennoch recht gemischt. In Paris standen bei Weizen der Mai-Termin im Vergleich zum Vortag mit +3,75 Euro/t und der November-Termin mit +1,50 Euro/t im Plus. Auch Körnermais verteuerte sich weiter. Der Juni-Termin wurde zum Handelsschluß mit +0,50 Euro/t festgesetzt, der November-Termin notierte dagegen -0,25 Euro/t zum Vortag. Bei Braugerste ging der Mai-Termin mit -4,00 Euro/t aus dem Handel, der November-Termin wurde mit +2,25 Euro/t notiert. Mit deutlichen Kursverlusten wurde dagegen der Schlußkurs bei Rapssaat notiert: Der Mai-Termin schloß mit -4,00 Euro/t, der August-Termin mußte Verluste von -3,25 Euro/t in Kauf nehmen.
Der Soja-Komplex an den US-Börsen notierte gestern an den US-Börsen mit Kursverlusten.

 

Ausblick
Bereits vor den Osterfeiertagen machte sich Lustlosigkeit an den Agrarrohstoffbörsen breit. Auch in dieser Woche bleiben die Investoren vorsichtig. Im Börsenhandel stehen vor allem die Exportzahlen und die Niederschlagsvorhersage für die USA, die Nummer 1 unter den Weizenexporteuren, im Vordergrund.

Noch spielen die Risiken einer deutlichen Verzögerung des Vegetationsstarts in West- und Osteuropa, in den nördlichen Anbaugebieten der USA und in Kanada eine eher geringe Rolle. Die regional verzögerte Sojaaussaat in Südamerika, die Hitzewelle und Trockenheit in Australien vor der Aussaat im Mai oder die erwartete Aussaatverzögerung im Süden und Südosten des "Mittleren Westens" der USA belegen auf der Liste der Anbaurisiken noch keinen vorderen Platz.

Für den heutigen Handelstag erwarte ich persönlich, daß die Kurse an den Agrarrohstoff-Börsen diesseits wie auch jenseits des Atlantiks leicht im Plus liegen. Man wartet zunächst einmal ab, ob sich die Anbaurisiken für Europa und die USA bestätigen.

Hinsichtlich der Entwicklung der Lage am Kassamarkt bleibe ich bei meiner Einschätzung vom 27.03.2013: Das Angebot fiel zuletzt etwas umfangreicher aus, doch die noch vorhandenen Restbestände in Erzeugerhand schrumpfen in Rekordtempo. Mühlen und Mischfutterwerke müssen, um ihren Anschlußbedarf zu decken, wieder tiefer in die Tasche greifen. Der Exporthandel bringt mit seinem kontinuierlichen Zukaufbedarf neue Dynamik in die Preisgestaltung. Der flotte Export hat die Preise - ausgehend von den Seehafenstandorten (z.B. Standort Hamburg) - wieder steigen lassen. So haben sich auch auf der Erzeugerstufe die Preise wieder auf einem höheren Niveau stabilisiert.

 
 
 


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