Futtergerste: Hausse-Chancen


S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 13.07.2011


Die Achterbahnfahrt der Getreidepreise an den internationalen Märkten geht weiter. Mit einer an Angebot und Nachfrage orientierten Preisbildung am Realmarkt haben die Börsenkurse derzeit wenig zu tun. Dabei eröffnet das Produktionsdefizit auch bei Gerste Hausse-Chancen.

Marktlage
Die irre Volatilität an den Getreidebörsen dokumentiert letztendlich nur das renditeoreintierte Engagement der Investoren. Doch am Realmarkt handeln Realisten mit realer Ware. Und am realen Markt ist man seit Monaten überzeugt, daß die EU-Ernte zwar etwas größer als im Vorjahr, aber deutlich kleiner als zunächst erwartet ausfallen wird.

Die regenbedingte Ernte-Unterbrechung bot allen Marktbeteiligten Gelegenheit, ihre Preiserwartungen nochmals zu überdenken und die zeitweilig chaotischen Preisbewegungen an den Börsen einer nüchternen Bewertung zu unterziehen.

Seitdem die Ernte in Deutschland wieder aufgenommen werden konnte, hat sich in fast allen Ernteregionen bestätigt, daß die Gerstenerträge unter den Vorjahresergebnissen liegen. Das Angebot aus der Ernte 2011 dürfte daher knapp ausfallen. In Hessen liegen die Mindererträge standortabhängig zwischen 10 und 30 %. Für Deutschland wird eine um 11 % kleinere Ernte als im Vorjahr erwartet. EU-weit wird der Ernterückgang auf 3 % geschätzt.

Wurden in der letzten Woche noch ex-Ernte-Preise von 160 bis 180 Euro/t netto geboten, so werden inzwischen bereits Preise in der weiten Spanne von 175 Euro/t bis 195 Euro/t netto franko Landhandelslager genannt. Damit liegen die Erzeugerpreise rund 65 % über dem Vorjahresniveau.

Angesichts der tendenzell nach oben gerichteten Preise, lehnen viele Produzenten Kaufgebote im unteren Spannenbereich dankend ab. Damit bleibt das Angebot aus der noch laufenden Erne sehr begrenzt.

 

 

Fakten

  • Welt: Defizitäre Ernteerwartungen
    Mit einer Produktion von 131,7 Mio.t und einem globalen Verbrauch von 134,2 Mio.t fällt die Gerstenernte 2011/12 nach Einschätzung des US-Landwirtschaftsministeriums vom 12.07.2011 erneut defizitär aus.


    Vor allem die Lagerbestände der Hauptexporteure sollen auf nur noch 12 Mio.t weiter abschmelzen. Damit fallen die weltweiten Lagervorräte auf den niedrigsten Stand seit 2007/08 zurück.

    in Mio. t
    Weizen
    Produktion
    Handel
    Verbrauch
    Endbestände
    Welt
    Welt
    Welt
    Welt
    Haupt-
    exporteure
    2007/08
    133
    16
    134
    20
    11
    2008/09
    155
    20
    144
    31
    22
    2009/10
    150
    17
    144
    37
    27
    2010/11
    124
    15
    136
    25
    13
    2011/ Prognose vom:
    12.06.2011
    132
    13
    134
    23
    12
    Hauptexporteure: Argentinien, Australien, EU-27, Kanada, Rußland, Ukraine
    Quelle: USDA


    Die erwarteten Vorräte reichen damit nur noch für den weltweiten Bedarf von rund zwei Monaten.

     Hausse-Tendenz

 

  • EU: Ernteeinbußen und schrumpfende Lagervorräte
    EU-weit wurde die Gersten-Aussaatfläche zur Ernte 2011 um rund 1,3 % ausgeweitet. Widrige Aussaatbedingungen und die ausgeprägte Frühjahrstrockenheit vor allem in den nördlichen EU-Ländern hat die üppigen Ernteerwartungen zunichte gemacht.

    Mit rund 52 Mio.t wird die EU-Gerstenernte 2011/12 rund 1,5 % niedriger als die bereits sehr niedrige Vorjahresernte geschätzt. Damit fällt die Produktion der EU - weltweit der größte Gerstenproduzent - auf den niedrigsten Stand seit 15 Jahren.

    Die Produktion aus der aktuellen Ernte reicht nicht aus, um den Bedarf des Binnenmarktes zu decken. Die EU-Lagerbestände dürften daher um schätzungsweise 15-18 % schrumpfen, so daß auch die für den Export verfügbaren Mengen nochmals kleiner als im Vorjahr ausfallen dürften. Im Vergleich zu "Normaljahren" dürfte das Exportgeschäft um schätzungsweise 60 % einbrechen.

     Hausse-Tendenz

 

  • Kanada: Schwaches Exportangebot
    Auch in Kanada - in früheren Jahren die Nummer 4 am Weltmarkt - erwartet in diesem Jahr ein weiteres Jahr eine unterdurchschnittliche Gerstenernte. Damit dürften die kanadischen Gerstenexporte mit vermutlich unter 1 Mio.t weit hinter das Exportvolumen vorangegangener Jahre (1,5 Mio.t) zurückfallen.

     Hausse-Tendenz

 

  • Osteuropa: Ukraine - höhere Ernte und niedrigere Exporte
    Regen hat in den letzten Wochen die Ernte in der Ukraine immer wieder unterbrochen und auch für die kommenden Tage wird erneut Niederschlag prognostiziert. Die Flächenerträge sollen zwar etwas höher als im Vorjahr liegen, doch die Ernteerwartungen wurden in den letzten Wochen leicht nach unten korrigiert, da die tagelangen Regenfälle zu Schäden an den erntereifen Beständen geführt haben sollen.

    Baisse-Tendenz

 

 

Prognose
Für die Saison 2011/12 zeichnet sich ab, daß die Versorgungssituation infolge der defizitären Ernte weiter verengt wird. Vor allem das Erntedefizit in der EU - weltweit immerhin der größte Gerstenproduzent - sorgt für klare Hausse-Signale.

In Deutschland - größtes Produktionsland in der EU - hat das Hausse-Signal besonderes Gewicht. Hier hat nicht nur die Trockenheit das Ertragspotential kraß reduziert. In vielen deutschen Regionen wurde zudem Gerste frühzeitig als GPS geerntet, um dem drohenden Engpaß in der Rohstoffversorgung der Biogasanlagen entgegenzuwirken.

Die zu Beginn der Gerstenernte vollzogenen Preisrücknahmen lassen sich am Markt vielfach nicht durchsetzen. Inzwischen werden wieder deutliche Preisaufschläge gewährt, da viele Produzenten das Erntegut erst einmal einlagern.

Futtergerste hat in der Saison 2011/12 klare Hausse-Chancen. Dabei wird nach meiner persönlichen Einschätzung der Preisspielraum nach oben aber durch die Kurse für Futterweizen und andere alternative Futtergetreide begrenzt. Ich gehe zudem davon aus, daß für die künftigen Preisaussichten entscheidend ist, wie sich die weiteren Ernteaussichten in der Ukraine und Rußland entwickeln.

 
 
 


Vorhergehende Beiträge

03.07.2009 Ernte 2009: Niedrigere Futtergerste-Produktion
   
 
 
 
 

Seitenanfang