Katastophenstimmung am Schlachtschweine-Markt
Dipl.-Ing. agr. S. Linker  sabine.linker@llh.hessen.de
Stand: 02.12.2003


Die Schlachtschweinepreise befinden sich im freien Fall und die Einkommensanbußen der Mäster nehmen immer bedrohlichere Formen an. Geht das so weiter?

Marktlage
Am 01.12.2003 hat die Vereinigung der Erzeugergemeinschaften für Vieh und Fleisch in Nordwest- und Ostdeutschland den mittleren Basispreis für den Zeitraum von Montag, 01.12. bis Mittwoch, 03.12.2003 mit 1,12 €/kg SG erneut niedriger festgelegt - und damit rund 0,06 € unter dem Preis eine Woche zuvor. Die Preisspanne gab mit 1,12-1,14 €/kg SG ebenfalls um rund 0,08 € im Vergleich zum Vorwochenpreis nach. Die genannten Preise sind Basispreise für Schweine mit 56 % MFA, frei Schlachtstätte und beziehen sich auf die sogenannte Euro-Referenzmaske.

Mit den Preisrücknahmen reagiert der Markt auf das große Angebot an schlachtreifen Schweinen. Auch wenn die Schlachtindustrie - mit Blick auf die anstehenden Festtage - zügig ordert und es dadurch kaum zu Überhängen kommt, wird der Preisdruck immer größer.

Die Erzeugererlöse pro Schlachtschwein sinken daher bedrohlich ab. Schweine mit durchschnittlichen Schlachtgewichten erlösen folglich nur noch rund 95 bis 105 €. Da bleibt kaum etwas übrig:

  • Die Futterkosten liegen mit rund 50 € je Mastschwein sehr hoch. Die Mäster müssen seit Wochen für eiweißreiche Futtermittel tief in die Geldbörse greifen. Sojaschrot scheint seine kurzzeitige "Talsohle" auf hohem Preisniveau durchlaufen zu haben und zeigt wieder erste Anzeichen für einen neuerlichen Preisanstieg. Die heimische Futtermittelindustrie hat zudem neue Preiserhöhungen angekündigt.

  • Die Kosten für neu einzustallende Ferkel liegen ebenfalls sehr hoch. Mit Preisen von rund 35-40 € je 25-kg-Ferkel plus Transportkosten, Impfung, Energie, Tierarzt usw sinkt die Gewinnmarge gegen Null. Die Talfahrt der Preise am Schlachtschweinemarkt führt inzwischen auch wieder zu Preisdruck am Ferkelmarkt.

Viele Schweinebetriebe wirtschaften seit Wochen in die Verlustzone. Die Gewinnmargen liegen für viele Schweinemäster inzwischen derart niedrig, daß eine kostendeckende Produktion nicht mehr möglich ist. Teilweise ist es Betrieben inzwischen nicht mehr möglich, die Produktion aufrecht zu erhalten.

Fakten

  • Preisabsturz an den Warenterminmärkten
    An den Warenterminmärkten in Amsterdam und Hannover wird der Handel immer lustloser. Die Warenterminmärkte quitierten die katastrophale Preissituation an den Kassamärkten mit eine einem regelrechten Preisabsturz. Der Dezemberkontrakt an der WTB-Hannover rutschte am 01.12.2003 auf 1,08 €/kg SG ab und liegt damit 4 €-Cent unter dem aktuellen Kassapreis. Die Stimmung unter den Marktbeteiligten ist miserabel.



    Baisse-Signal

  • Branchenriesen und LEH bestimmen das Marktgeschehen
    Seit Monaten warnen Marktbeteiligte immer wieder vor dem starken Preisdruck der vom Lebensmitteleinzelhandel (LEH) und den großen Schlachtunternehmen auf die Erzeugerstufe, sprich die Schweinemäster ausgeübt wird. Normalerweise ziehen die Preise in den Wochen vor Weihnachen kräftig an, da die Verbraucher eine stärkere Nachfrage haben. Die Fleischnachfrage erhält in diesem Jahr konjunkturbedingt jedoch keine Impulse.
    Baisse-Signal

  • Schwacher US-Dollar - Teurer Euro
    Der niedrige Umrechnungskurs des US-Dollars im Vergleich zum starken Euro, erschwert die Schweinefleischexporte aus Euroland enorm.



    Die geringere Exporttätigkeit führt zu höheren Angebotsmengen innerhalb der EU und folglich zu Preisdruck. Die exportorientierten Schlachtunternehmen haben derzeit beim Absatz am Weltmarkt große Probleme.
    Baisse-Signal

Prognose

Nach meiner Einschätzung der Marktlage zeichnet sich in den nächsten Tagen noch keinerlei Entspannung ab. Nichts deutet darauf hin, daß sich das Angebot verringern wird. Folglich kann man bei einem lahmenden Absatz an den Endverbraucher keine Kurserholung erwarten.

Inzwischen ist der "Frustpegel" der Erzeuger derart hoch, daß die negative Preisentwicklung beriets eine Eigendynamik entwickelt hat ganz nach dem Motto "Nichts hilft mehr - alles ist verloren".

Da heißt es einen kühlen Kopf zu bewaren und die sich die Lage vor Augen zu führen:

  • Die Schlachtgewichte müssen runter, um den Markt zu entlasten.
  • Die Kühlhäuser werden in Kürze vor dem Hintergrund der attraktiven Winlagerungspreise aus allen Nähten platzen.
  • Die eingelagerten Mengen dürften einige Woche in das nächste Jahr hinein reichen.
  • Während dieses Vermarktungszeitraumes stellen die Lagerbestände einen Preisdruck-Faktor dar.
  • Die Mäster halten sich mit Neuaufstallungen derzeit zurück, so daß die Ferkelpreise trotz eines kleineren Angebotes nachgeben.
 
 
 

Vorhergehende Beiträge
--.--.---- 

 
 
 
 

Seitenanfang