Die Schönwetterfront der letzten Tage hat auch bei Weizen den Fortgang
der Ernte beschleunigt. Die Qualitäten der bisher geernteten Partien laufen
aufgrund der sehr unterschiedlichen Witterung im Frühjahr und Sommer weit
auseinander. An den Markt ist bisher nur wenig Ware gelangt, da gute Ware
der unterschiedlichen Qualitätsklassen häufig im Hoflager eingelagert
wurde.
Die Preisfindung gestaltet sich auch in diesem Jahr problematisch, da
noch Unklarheit darüber herrscht, wie hoch der Qualitäts- und Backweizenanteil
ausfallen werden. So weist auch der Kassamarkt für Backweizen mit 19,50-22,00
DM/dt ganz erhebliche Preisspannen auf. Da sich die Erntesituation trotz
der wenigen Sonnentage nicht entspannt hat, läuft der Handel an den europäischen
Terminmärkten zunehmend lebhafter und ließ die Terminmarktpreise spürbar
anziehen.
Marktlage
Seit drei Jahren übersteigt der weltweite Verbrauch von Weizen die Produktion.
Ob man nun die Statistiken des US-Landwirtschaftsministeriums (USDA),
des Internationalen Getreiderates (IGC) oder der Welternährungsorganisation
(FAO) zu Rate zieht, die Aussage ist letztendlich immer dieselbe:
Trotz einer leicht höheren weltweiten Produktion wird der weltweite Verbauch
stärker als bisher ansteigen, so daß die Endbestände in dritten Jahr infolge
rückläufig sein dürften.
Seit Monaten mehren sich die Anzeichen dafür, daß Backqualitäten
wieder zu einer attraktiven Handelsware am Weltmarkt werden dürften.
So läuft auch der Export aus Interventionsbeständen in Drittländer
seit Wochen auf Hochtouren. Die Interventionslagerhalter sind daher rege
um "Nachschub" bemüht.
Die jüngste Baisse für Weizen setzte trotz der insgesamt erfreulichen
Aussichten Mitte Juni ein - seitdem schossen die Kurse an den Warenterminmärkten
geradezu in den Keller.
Erfreulicherweise und keinen Tag zu spät im Hinblick
auf Vermarktung der laufenden Ernte hat sich die Situation am internationalen
und EU-Markt in den letzten Tagen jedoch gewandelt. Weizen scheint sich
mit dem Aufblühen des internationalen Handels aus dem Sog des Mais
und Sojamarktes zu befreien.
Einer der Gründe ist die inzwischen wieder erster zu
nehmende Trockenheit in den USA: Während weite Teile der USA in den
letzten Wochen und Monaten gut mit Niederschlägen versorgt wurden,
breitet sich im Süden, Südwesten, Mittleren Westen und den Rocky
Mountains eine Dürre aus, die als die schliommste seit über
100 Jahren bezeichnet wird. Im Getreidegürtel der USA wird die
Trockenheit in Kansas, Nebraska und Iowa bereits als ernst bezeichnet.
Im Süden sollen Louisiana, Missouri, Alabama, Tennessee, Georgia
sowie Nord- und Süd-Carolina seit langem auf ausreichende Niederschläge
warten.
Prognose
Jetzt wird die nächste Prognose des USDA am 11.08.00 dringlich erwartet.
Sollte die Ernteerwartung bei Weizen (und im Futtergetreidesektor alternativen
Kulturen) nach unten korrigiert werden, ist auf internationalem Pakett
mit dem Beginn einer neuen Hausse zu rechnen.
Die Erntemengen in Hessen, Deutschland und der EU fallen
niedriger aus als erwartet, so daß die EU-Warenterminmärkte
in London (Futterweizen), Paris (Exportweizen ohne Proteinbeschränkung)
und Hannover (Backweizen) mit einer nach oben gerichteten Kursentwicklung
reagieren.
Vor allem im Backweizensortiment wird eine zu geringe Versorgung befürchtet,
so daß alles dafür spricht, gute Backweizenqualitäten
zunächst zu parken, um spätere Preisverbesserungen beim Verkauf
nutzen zu können
Anmerkung
Nach der jüngsten Prognose der Welternährungsorganisation (FAO)
soll sich das weltweite Bevölkerungswachstum in den nächsten
Jahren verlangsamen, während sich die Wachstumsrate der Weltagrarerzeugung
spürbar geringer abschwächen wird.
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