Preisausblick: Russisches Importverbot für Agrarprodukte


S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 07.08.2014


Rußland hat ein Importverbot für Agrarprodukte aus der EU und anderen Ländern verhängt. Der Import-Boykott dürfte Handelsströme umlenken, russische Importe verteuern, die russische Inflation anheizen und infolge von Domino-Effekten die internationalen Preise steigen lassen.

 

Sanktionsspirale
Rußland hat ein umfassendes Importverbot für Agrarprodukte und Lebensmittel aus der Europäischen Union, den USA und anderen Ländern verhängt.

Premierminister Dmitry Medwedew gab heute die Liste der von der Importsperre Rußlands betroffenen Lebensmittel bekannt:
• Rind-, Schweine- und Geflügelfleisch
• Fisch
• Milch und alle Milchprodukte, darunter auch Käse
• Gemüse
• Obst
Der Import von Alkohol soll weiterhin erlaubt bleiben.

Der Einfuhrstop gilt ab sofort für ein Jahr und betrifft auch Australien, Kanada und Norwegen. Medwedew wie darauf hin, daß die Import-Restriktionen zu einer Stärkung der heimischen Landwirtschaft beitragen werden.

Bereits gestern hatte der russische Präsident Wladimir Putin angekündigt, die Einfuhr von Nahrungsmitteln aus Ländern zu beschränken, die im Ukraine-Konflikt Sanktionen gegen Rußland verhängt haben. In den vergangen Wochen wurden bereits Einfuhrverbote für viele westliche Produkte erlassen. Offiziell wurde dies bisher mit Gesundheitsbedenken begründet.

Rußland importiert im letzten Jahr rund 40 % aller Lebensmittel. Der Anteil der Import-Nahrungsmittel liegt in den Regalen der Hauptstädte deutlich höher. In der russischen Provinz ist der Anteil russischer Produkte deutlich höher.
Rund 85 % der Lebensmittelimporte stammen aus Ländern, die nicht zur ehemaligen Sowjetunion gehörten.

Rußland importierte 2013 rund ein Drittel seiner Lebensmittel aus der EU. Die EU exportierte 2013 landwirtschaftliche Produkte im Wert von 11,87 Milliarden Euro nach Rußland. Das sind 9,9 % sämtlicher Agrar-Ausfuhren im Gesamtwert von 119,8 Milliarden Euro. Nach Mitteilung der EU-Kommission sind insgesamt 36,8 % aller Agrar-Lieferungen der EU nach Rußland betroffen. Deutschland lieferte im letzten Jahr für 1,6 Milliarden Euro Nahrungsmittel nach Rußland.

 

 

Prognose
Die russische Regierung hat das Importverbot für Agrarprodukte in der Phase einer ausgeprägten Wachstumsschwäche verhängt. Die Import-Restriktionen könnten daher für Rußland zu höchst unerwünschten Folgen führen.

Zu erwarten ist, daß die Einfuhrbeschränkungen Verfügbarkeit von Lebensmitteln in Rußland und damit die russischen Inlandspreise beeinflussen werden. Derzeit liegt die Inflation in Rußland bereits wieder bei 7,9 %, - Tendenz steigend. Rußland dürfte daher gezwungen sein, sich auf die Suche nach alternativen Lieferländern begeben.

Die daraus resultierende Nachfrage könnte das Preisniveau im internationalen Geschäft nach oben schrauben und damit russische Importe verteuern. Dies würde die russische Inflation anheizen.

Doch auch für die Agrar- und Lebensmittelbranche der EU stellt sich die Frage, welche Folgen der Import-Boykott Rußlands hat.

Der Import-Boykott dürfte die internationalen Handelsströme umlenken. Alternative Lieferländer würden dann Rußland beliefern. Die Exporte der EU und der anderen vom Boykott betroffenen Länder würden wiederum in die dadurch entstehenden Bedarfsregionen gelenkt. Die EU--Exporte von Agrarrohstoffen und Vorprodukten würden steigen, um in nicht sanktionierten Ländern zu lieferfähigen Nahrungsmitteln fertig verarbeitet zu werden.

Fazit: Der russische Lebensmittel-Boykott dürfte zu Domino-Effekten führen. Nach meiner persönlichen Einschätzung dürfte einerseits ein Anstieg der russischen Inlandspreise nicht nur zu einer die Importverteuerung für Rußland führen, sondern auch die russischen Exportpreise für Getreide usw. verteuern und damit den EU-Getreide-Exporteuren einen Wettbewerbsvorteil verschaffen.
Andererseits dürfte die russische Suche nach alternativen Lieferländern das globalen Handelsvolumens bei Agrarrohstoffen wachsen lassen und damit das internationale Preisniveau für Agrarrohstoffe steigen lassen.

 
 
 
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